SFV-Volksbegehren: Recht gut auf Kurs!

Das SFV-Volksbegehren «Lebendiges Wasser» ist gut auf Kurs. Der von der Ständerats-UREK formulierte Gegenvorschlag bedarf allerdings der Nachbesserung.

Mit «Genugtuung» hat der Verein «Ja zu lebendigem Wasser», der die parlamentarische Beratung des Volksbegehrens begleitet, vom indirekten Gegenvorschlag der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) Kenntnis genommen. Das Gremium hat - im Gegensatz zum Bundesrat - mehrere Anliegen der Initiative als berechtigt anerkannt. Der mit 10 gegen 1 Stimme verabschiedete indirekte Gegenvorschlag will auf Gesetzesstufe die Grundlagen schaffen, um die Revitalisierung der Gewässer zu fördern, die negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk zu vermindern und den Geschiebehaushalt zu reaktivieren. Der am 30. April in die Vernehmlassung gegebene Entwurf verpflichtet die Kantone, jene Gewässer zu revitalisieren, die durch wasserbauliche Eingriffe beeinträchtigt sind - allerdings nur «soweit dies mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist». Die Kantone sollen ferner dafür sorgen, dass die Gewässer über den Raum verfügen, der für die Sicherstellung ihrer natürlichen Funktionen und für den Hochwasserschutz erforderlich ist.

Die Revitalisierungsmassnahmen werden laut UREK jährliche Kosten von rund 60 Mio Franken verursachen. Davon soll der Bund zwei Drittel übernehmen. Die Sanierung verbauter Gewässer soll Kosten von 50 Mio/Jahr verursachen. Sie sollen mit einem Zuschlag von 0,1 Rp./kWh auf den Stromübertragungskosten der Hochspannungsnetze finanziert werden.

Restwasservorschriften: Ein Tabu

Die Trägerorganisationen der Initiative, d.h. SFV, Pro Natura, WWF und Greina-Stiftung, begrüssen die vorgeschlagenen Änderungen des Gewässerschutz-, des Wasserbau- und des Energiegesetzes als Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig machen sie auf Schwachstellen aufmerksam. Als Kröte, die man nicht schlucken will und kann, orten sie den Versuch, via Gegenvorschlag die im geltenden Gewässerschutzgesetz festgeschriebenen Restwasservorschriften zu verwässern. Diese stellen ein absolutes Minimum dar und sind tabu. Sie wurden seinerzeit unter dem Druck der vom SFV lancierten Volksinitiative «Rettet unsere Gewässer» in das Gesetz aufgenommen, das 1992 vom Volk gutgeheissen wurde. Jede Lockerung der Restwasserbestimmungen liefe somit dem erklärten Willen des Souveräns zuwider. 

Schutz säumiger Kantone

Nicht eingetreten ist die UREK-S auch auf das Antrags- und Beschwerderecht der Umweltverbände. Mit dem neuen Rechtsmittel sollen die säumigen Kantone angehalten werden, die Sanierung beeinträchtiger Gewässer endlich an die Hand zu nehmen. Gemäss Gewässerschutzgesetz hätten diese Sanierungen längst vorgenommen werden sollen. Auf Drängen der Kantone verlängerte der Bund jedoch die Frist bis 2012. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass sie später nochmals hinausgeschoben wird. Solchen Spielchen will die Initiative den Riegel schieben.

Der SFV wird in seiner Vernehmlassung die Schwachstellen des Gegenvorschlags benennen und Forderungen hinsichtlich der Nachbesserung formulieren. Nur wenn die wichtigsten Anliegen Gehör finden, wird man dereinst die Frage eines Rückzugs der Initiative überhaupt diskutieren wollen. 

FDP-Sturheit

Fest steht allerdings, dass der SFV nicht so stur sein wird, wie die FDP: Diese hält bekanntlich auf Drängen ihrer Zürcher Sektion an der Initiative zur Abschaffung der Verbandsbeschwerde fest, obgleich wesentliche Begehren der notorischen Gegner dieses Beschwerderechts bereits verwirklicht worden sind. Der FDP geht es offenbar um einen Profilierungsversuch,  allerdings an einem wenig tauglichen Objekt. Der SFV ist als beschwerdeberechtigte Organisation unmittelbar betroffen. Er wird seine Haltung im bevorstehenden Abstimmungskampf noch festlegen, sich aber wohl im Rahmen seiner Möglichkeiten gegen das unverhältnismässige Volksbegehren engagieren.

Europäische Lachnummer

Als mindestens ebenso unverhältnismässig, ja als schikanös erweisen sich die Vorschriften der neuen Tierschutzverordnung (vgl. Editorial und S. 50/51). Ernüchtert nimmt der SFV zur Kenntnis, dass seine Vorbehalte im Bundesamt für Veterinärwesen weitestgehend auf taube Ohren stiessen. Die dortigen Schreibtischtäter behielten Oberhand. Dass das Touristenland Schweiz deswegen zum Gespött der europaweiten Anglergemeinde geworden ist, kümmert die Paragrafenreiter allerdings kaum. Unser Nachbar und Euro-08-Partner Österreich wird sich als beliebte Anglerdestination in Bundesbern zu bedanken wissen: Seine Fischereivorschriften sind verhältnismässig und praxisnah!

 

 

DV im Zeichen des Jubiläums

Ganz im Zeichen des Jubiläums stand die 125. ordentliche Delegiertenversammlung des SFV. Die statutarischen Geschäfte erledigte sie speditiv gemäss den vom Zentralvorstand am Vormittag bereinigten Anträgen.

Die statutarischen Geschäfte waren rasch erledigt, so die Jahresrechnung 2007 und das Budget 2008. Erstere schliesst bei Einnahmen von 239'215 Fr. mit einem Aufwandüberschuss von 2'504 Fr. ab. Der Voranschlag 2008 rechnet trotz den wegen des weiteren Mitgliederrückgangs zu erwartenden Mindereinnahmen mit einem geringen Ertragsüberschuss. Das Jahresergebnis dürfte sich noch verbessern: Zentralpräsident Werner Widmer konnte die Sistierung des SFV-Beitrags an die Fischereiberatung FIBER für die Jahre 2008/09 erwirken. Seinen Angaben zufolge ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass der SFV als anerkannte Umweltorganisation ebenfalls in den Genuss von Beiträgen des BAFU gelangt.

Trotz diesen erfreulichen Aussichten lebe der SFV immer noch von der Hand in den Mund. Die vom ZV beschlossene, als massvoll erachtete Erhöhung des Jahresbeitrags von sieben auf zehn Franken ab 2010 sei deshalb unabdingbar. Eine Konsultativabstimmung ergab eine klare Mehrheit bei bloss drei Gegenstimmen und etlichen Enthaltungen für diese definitiv an der DV 2009 zu beschliessende Massnahme. Sie wird im kommenden Herbst an einer Präsidentenkonferenz Herbst einlässlich begründet werden.

Neu im SFV: FV Delémont

Die Jahresberichte des Präsidenten und der Ressortchefs passierten stillschweigend. Martin Peter informierte über den Stand der Prädatorenfrage. Die vom SFV verfolgte pragmatische Politik sei zielführend. Er forderte die Kantonalverbände erneut auf, mit den Jägern zusammenzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass die Kantone beim Bund die Verkürzung der Kormoranschonzeit verlangen. Der Vizepräsident für die französische Schweiz, Thierry Potterat, erinnerte an den Erfolg der Motion von alt Nationalrat John Dupraz und an ein entsprechendes Postulat im Waadtländer Grossen Rat. Auf seinen Antrag wurde der Fischereiverein Delémont (JU) als neues Mitglied aufgenommen, während die Schweizer Sektionen der Vereinigung der Genferseefischer (FIPAL) für ein Jahr den Beobachterstatus erhalten. Als neuer Revisor wurde Viktor Studer (BKFV) gewählt. Er ersetzt den vor Jahresfrist zurückgetretenen William Reiter (Genf).

 

 

Neuer Geschäftsführer

Zahlreiche Gäste aus Verwaltung, Politik (darunter J. Dupraz) und befreundeten schweizerischen bzw. ausländischen und internationalen Verbänden wohnten den Verhandlungen bei. Dr. Erich Staub vom BAFU benützte die Gelegenheit, um den aktuellen Stand der Vorbereitungsarbeiten für den Sachkundenachweis und die fischereilichen Neuerungen gemäss Tierschutzverordnung zu erläutern. 

Abgerundet wurde die DV mit der Vorstellung des künftigen SFV-Geschäftsführers Philipp Sicher (Gurtnellen), der sein Halbamt am 1. Juli antreten wird, der Übergabe der Ehrenmitgliedschaftsurkunde des Waadtländer Kantonalverbands an dessen Amtsvorgänger Tobias Winzeler, der Verabschiedung von Protokollführerin Sarah Schläppi und einer launigen Grussbotschaft samt Jubiläumspräsent des Vorsitzenden des Verbands Deutscher Sportfischer (und der EAA), Peter Mohnert. Die nächste DV findet am 9. Mai 2009 in Schaffhausen statt.

 

 

 

Magistrales Lob für 125-jähriges Engagement

Die Rede von Bundesrat Moritz Leuenberger am Festakt bildete den Höhepunkt der Feierlichkeiten und Events aus Anlass des 125. «Geburtstags» des Schweizerischen Fischerei-Verbands. Sie enthielt viel Lob und Anerkennung für den Jubilar, gespickt mit feinem Humor und witzigen politischen Randbemerkungen.

Magistrales Lob erntete der SFV aus dem Mund des Umwelt- und Fischereiministers  vorab für seinen «unentwegten staatsbürgerlichen Einsatz». Am offiziellen Festakt vom 17. Mai im Kursaal Interlaken liess er die Höhepunkte dieses Engagements zu Gunsten ausgewogener Gewässerökosysteme Revue passieren. So habe die Volksinitiative «Zur Rettung unserer Gewässer» die Gewässerschutzgesetzgebung von 1991 stark beeinflusst. Der SFV sei daher «wesentlich mitverantwortlich, dass wir heute keine Ausschläge mehr riskieren, wenn wir in unsere Seen und Flüsse springen». Der Renaturierungsinitiative «Lebendiges Wasser» räumt Leuenberger «grosse Erfolgschancen» ein, «und zwar einfach darum, weil Fischer hinter ihr stehen. Wenn es politisch notwendig ist, rücken Sie zusammen, treten an und engagieren sich (...) für Ihre Anliegen», bilanzierte er anerkennend.

Für Putin und Bush

Der SFV habe auch «die notwendige Diskussion um den Kormoran» in Gang gebracht. In den Augen der Fischer sei dieser Vogel «ein aggressiver Konkurrent», für andere sei er schützenswert, da er - wie Gänsesäger und Graureiher - eine Daseinsberechtigung habe. «Das hat ja auch Ihr Verband anerkannt», vermerkte der UVEK-Chef unter Hinweis auf den SFV-Ethikkodex. Diesen zitierte er wiederholt. Den «grossen Fischern dieser Welt» wie Putin und Bush, die vor den Kameras in Sibirien und Texas fischten, riet er, sich mit dem Ethikkodex vertraut zu machen, «um sich in die komplexe Welt des ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Gleichgewichts einzuleben». Der Begriff der Nachhaltigkeit sei im Kielwasser der Fischer mit ihren über Jahrhunderte entwickelten feinen Antennen für Veränderungen in der Natur geboren worden: Sie hätten sich «bereits nachhaltig verhalten, als es dieses Wort noch gar nicht gab».

 

Öko-Gleichgewicht gefährdet

Der Umweltminister, dessen rhetorische Brillanz und Gespür für witzige Pointen und feine politische Seitenhiebe immer wieder aufblitzten und zu spontanem Applaus animierten, stellte andererseits unmissverständlich fest: «Wir sind uns einig: Zu viele Kormorane gefährden das ökologische Gleichgewicht (...). Wenn dieses Gleichgewicht aus den Fugen gerät, muss es der Mensch wieder herstellen. Deswegen haben wir Massnahmen, wie Sie sie anregten (Bestandesregulierungen, auch mittels Eingriffen in Brutgebieten. Red.), aufgenommen und gehandelt.» Er bekannte sich ferner als ein erklärter Gegner der Zulassung von Wassertöffs auf den schweizerischen Gewässern. Bei jeder Interessenabwägung gehe es letztlich darum, das Boot, in dem wir alle sitzen, auszubalancieren, um nicht ins Wasser zu fallen. Dabei sei es ratsam, den Blick  zum Horizont zu heben und nicht verkrampft nur auf das Boot und die eigenen Füsse zu schauen. «Fischer kennen dieses Prinzip.»

 

 

«Wir zählen auf Sie»

Eröffnet hatte den von der Jugendmusik Interlaken musikalisch umrahmten und vom OK-Präsidenten Roland Seiler moderierten Festakt SFV-Zentralpräsident Werner Widmer mit Zitaten aus der von Leuenberger verfassten Einleitung zum Buch «Befreite Wasser». «Mit seinem Plädoyer für Nachhaltigkeit macht er uns Hoffnung», betonte er. Bereits sei ein Umdenken im Gang. An den Flüssen werde «zurück gebaut». Langsam setzten sich auch Bund, Kantone und Gemeinden für einen nachhaltigen Umgang mit den Gewässern ein. Das sei gut, «aber man muss den Verantwortlichen permanent auf die Finger schauen». Nicht alle politischen Organe hätten die gleiche Sensibilität für die SFV-Anliegen. Das «schroffe Nein» des Bundesrats zur SFV-Initiative «hat uns stark irritiert», eröffnete er dem Gast. «Sie sind ein glaubwürdiger und engagierter Kämpfer für eine gesund Umwelt. (...) Wir zählen auf Sie.»

 

Herausforderungen erkannt

Nach der Grussadresse des Präsidenten der «aus dem Wasser entstandenen» Gastgebergemeinde, Urs Graf, folgte der für die Fischerei zuständige Berner Regierungsrat Andreas Rickenbacher mit historischen Reminiszenzen aus dem SFV-Gründungsjahr. Schon damals sei im Berner Grossen Rat der Rückgang der Fischbestände beklagt und ein griffigeres Fischereigesetz gefordert worden. Der SFV seinerseits habe von Anfang an die Herausforderungen der Zeit erkannt und sich seither unablässig weiter entwickelt. Auf diesem Weg möge er mit viel Erfolg weiter schreiten, wünschte der seinerzeitige aktive Mitstreiter für den Bernischen Renaturierungsfonds dem Jubilar.